Heute...


Heute (am Nachmittag, ich hatte mich gerade hingelegt, da träumte mir, ich erlitte meine erste Psychose) oder
Es ergibt zwar gute Tage, aber noch längst keine Woche, Heinz.*

Manchmal ist es
nur eine schmale weiße Linie
die den Wahnsinn des gestrigen
Tages von heute trennt.

Und obwohl diese Nacht im Mai
bereits wieder zu flirren beginnt
es viel zu warm und windstill ist
für so eine Nacht im Mai nach
einundzwanzig Uhr
in der es hier in Reudnitz so
seltsam nach Malzbier riecht
fühle ich mich gut lauter und heiter
mein tumbes Herz gibt
den Takt und der Weg
folgt den Schritten meiner
mit Karoshorts nur spärlich
bedeckten Beine.

Dabei habe ich mich heute fast
doch nur für andere gefreut:
Für Hanna (für immer ohne h!) der
heute ein außerordentlich guter
Text gelang oder eine andere Freundin
für die sich jetzt schon ein Verlag
interessiert ja selbst mit dem Mann
der freihändig auf seinem Rad gerade
fuhr und dabei mit den Armen
schwang – lass‘ hügelhinab dich
gleiten und du wähnst fast
du könnest fliegen – oder jene
verrückte Frau die mir eben danach
auch Fahrrad fahrend aber entgegen
kam und der was immer sie
in meinem Gesicht da sah in
ihrem ganz entrückt zum Strahlen
kam. Und ich gehe so weiter da
flüstert es an der nächsten Straßen-
kreuzung (die -bahn ist fern) und ich
freue mich dann mit meinem Bruder
dem ungestümen irrwitzig umwirbelten
Wind der sagt er werde
heute noch kommen und dann
sei es er der die aufgehrende Hitze
selbst in Fieber und demütige Ohnmacht
zwingt. Und ich? Ich bin es zufrieden
lächle kurz versonnen und sage:
Aber ohne mich
wird es noch keinen Regen geben.
Doch er meint nur trocken keine
Sorge da seien noch andere Hunde
des Himmels in dieser Stadt und diese
auch noch unterwegs. Und wir laufen
noch ein wenig zusammen bis
an der nächsten Ampel es ihn
schon wieder in eine andere
Richtung treibt. Ich blicke ihm
noch ein wenig nach betrachte dann
den mir dann entgegenkommenden
alten Mann dessen Stock wie ich mich
schon wieder zurückblickend versichere
in der rechten Hand sagt Schlag-
anfall und ich sehe gern wie der Weg
seinen stolz-unbeholfenen Schritten folgt
den mit Hosen aus nur leichtem
Stoff grad‘ man so bedeckten
zierlichen Beinen.

Und ich freue mich
zwar „auch nur“ für ihn
aber auch schon eine Gabe
wer dies für sich behaupten
kann wem nicht von Neid zernagt
nur die eigene Unpässlichkeit
grad‘ wieder plagt an so einem
Donnerstagabend wie diesem
an dem ich endlich wieder
mit den Göttern wetteifern
darf oder mich fahr‘ ich erst mal
in diese meine Stadt hinaus
mich nicht mehr streng
konzentrieren, mich nicht
mehr streng kontrollieren,
mich nicht mehr streng
zusammenreißen muss
beim Einfahren der Bahn
mich hinter dieser kleinen
schmalen weißen Linie
zu halten
was mich
vor ein paar Wochen
noch wirkliche Anstrengung
gekostet hat nehme ich jetzt
im Sturm, nehme ich jetzt
mit Leichtigkeit und der
Kassiererin die mich gerade
noch weggeschickt hat (jetzt
aber mit ihrer Kollegin tauscht)
der sage ich es dann: Sehen’se
so leicht kommen’se von mir
nicht los.
Und den drei Dosenbieren:
Los ihr kommt jetzt mit ihr seht
auch so traurig in eurem Konsumtempel-
gefängnis aus dabei haben wir
neben all diesen Irrungen
doch Grund das Leben
zu feiern.


2012/05/10

*Hier könnte auch Dirk stehen, und es wäre keine plumpe Anspielung auf das.
 http://jetzt.sueddeutsche.de/jetztpage/schwindlicht/texte

 
 
 
 

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