Für den nächstbesten Dandy...


Auch wenn „der nächstbeste Dandy“ gleich daher kommt und sich des Stückes in einer aufgekratzteren Version seiner Band, die es mittlerweile von Wien an die Spree verschlagen hat, bemächtigt: Wenn diese Ja, Panik heißt und die einen für das eigene, ebendort ansässige Staatsakt.-Sublabel unter Vertrag genommen haben – don’t panic! Nein, Gelassenheit, wie letzteres sinnigerweise heißt und neben den „Schriften – Erster Band“ auch Schabernack wie den Wurstvogel oder „Das Große Bunte Kochbuch der Gruppe Ja, Panik“ vertreibt, ist den drei Hamburgerinnen, die sich Die Heiterkeit nennen und deren Bandlogo Punkt-Punkt-kein-Komma-nur-ein-Strich ein, na, nennen wir es, eher verhalten dahergrinsender Smilie ziert, anzuraten, ebendiese zu wahren, denn, auch wenn sie im Gegenzug Ja, Paniks „The Evening Sun“ nur halb so schön noch einmal zum Strahlen bringen: sie befinden sich da in guten Händen und in bester Gesellschaft im chronisch pleiten, daher aber auch immer wieder attraktiven Berlin. Zumal unter dem Staatsakt.-Dach, das vielleicht mit die wichtigsten deutschsprachigen Stimmen in nun mittlerweile, wie der zufällig heute Morgen hereinflatternde Newsletter verriet, fast einer Dekade hervorgebracht und beherbergt hat. Oder, um mal die Marketingabteilung meines nigelnagelneuen Ökostromanbieters zu bemühen: „Sie haben alles richtig gemacht.“ Braucht man sich also gar nicht so kokett hinter dem Equipment zu verstecken – wie auf dem Cover der auf 500 Stück limitierten 12“-Split-Single, aber sehr hübsch und nicht ohne Noblesse, wie die adretten Ja, Panik-Jungs da unterstützend die Debütantinnen von Die Heiterkeit in die Gute IndieRock-Gesellschaft einführen. Bezeichnend vielleicht auch der Bildaufbau: Während Tausendsassa Andreas Spechtl sich ganz oben links verborgen hat, findet sich Gitarristin und Sängerin Stella Sommer entlang einer gedachten Diagonale unten rechts mit einem Gesichtsausdruck, der schelmisch, spitzmädchenhaft gar fast noch den des selbstbetitelten (eigentlichen) Debüts, eine EP im Eigenvertrieb, übertrifft. Da sieht man die drei, neben Stella Sommer sind dies Rabea Erradi, die Bass spielt und die backing vocals übernimmt, und Stefanie Hochmuth, die am Schlagzeug sitzt, auf Plastestühlen sitzend vor einem riesigen, schon fast verblühten Rhododendron, mit halb gefüllten Champagner- (oder auch nur Sekt-) Gläsern in der Hand und auf einem davor improvisierten Tisch, und in das Portrait unserer Protagnistinnen ragt dann auch noch irgendwie schief, ein schlecht bestückter Kerzenleuchter rein – die große Geste, die Pose, eine Band zu sein, nicht ohne gleich den ironischen Bruch ins Kleine, nur allzu Vertraute. Eine drapierte, eine künstlich arrangierte Naturszenerie, aus der es leise immerzu zu flüstern scheint: „Nicht-digital ist nun auch nicht besser.“ Vielleicht ist es dieses, vielleicht auch nur die bloße Zahl Drei oder die Hamburger Herkunft, die Unaufregtheit des Vortags, die Schrammellastigkeit bei der Instrumentierung oder auch die lakonische Sprache in Songs, deren Titel wie „Die Liebe eines Volkes (hat mich zur Königin gemacht)“, „Alles ist so neu (und aufregend)“ oder, jetzt eben, „Für den nächstbesten Dandy (wirst du mich verlassen)“ sich in ihrer Verknappung fast schon wie Slogans ausnehmen: Was mich betrifft, ich komme nicht umhin, dabei an (die frühen) Tocotronic zu denken. Vielleicht auch, weil seit „Kapitulation“, der Single, keiner mehr so schön, so lakonisch, so fatalistisch, so unaufgekratzt und heiter sich dem Unvermeidlichen gefügt hat und sich das nächstbeste Mädchen, das man(n) treffen wird, ab sofort wohl darauf einzustellen hat, im Laufe des Abends die folgenden Zeilen an den doch hübsch-zierlichen Lockenkopf geknallt zu bekommen: „Für den nächstbesten Dandy/ wirst du mich verlassen/ Für den nächstbesten Dandy/ muss man das wohl machen/ Ja, dem nächstbesten Dandy/ wirst du dich in die Arme werfen/ Ja, dem nächstbesten Dandy … “





Erschienen bei Nein, Gelassenheit.
Erscheinungsdatum: 27.4.2012 (Nein, Gelassenheit/Staatsakt)


Tracklist:
A1 Die Heiterkeit - Für den nächstbesten Dandy
A2 Die Heiterkeit - The Evening Sun (Ja, Panik Cover)
B1 Ja, Panik - The Evening Sun
B2 Ja, Panik - Für den nächstbesten Dandy (Die Heiterkeit Cover)

und es gibt sie im Ja, Panik-Shop, bei Hanseplatte (wo man auch die Die Heiterkeit-EP bekommen konnte) oder bei amazon.de, limitiert auf eine Zahl von 500 Stück. Bei letzteren ist die Single auch als Download zu haben. Oder, aus unerfindlichen Gründen, (noch) fast komplett für lau auf der Soundcloud von Nein, Gelassenheit. Im August erscheint ebenfalls dann auf diesem Staatsakt.-Sublabel dann das Die Heiterkeit-Debüt-Album „Herz aus Gold“, dessen Cellophan-Cover, falls es dieses ist, nicht weniger neckisch ausfallen wird.



Zugabe & Anekdote am Rande (vgl. auch Christian Ihles Lobreden auf diese neue, noch junge Band, auf Monarchie & Alltag, dem popblog der Berliner die tageszeitung), an die ich beim Hören wieder einmal gedacht habe: Mein Alter Herr, mittlerweile weit, weit über die Sechzig hinaus, hat so gar nichts mit fantastischen Erzählungen oder gar Fiktion vor wie auch der, und da schließe ich mich dann auch wieder an, mit der vom kleinen Jesuskind und dem lieben Gott, sieht mit meiner Schwester (und damit gezwungermaßen) „Meet Joe Black“ und bemerkt dann kurz und knapp nach dem Auftritt Brad Pitts als „Freund Hein“: „Na, wenn so der Tod aussieht, kann man ruhig mal mitgehen.“

 
 
 
 

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