große kreisstadt zwei...

große kreisstadt
(wege über flaches land und gewerbe zwei)

„mai kalt und
nass füllt des bauern
scheun‘ und fass.“
paps
sinniert ob der zusätzlichen
bewässerung und des darum
zu erwartenden ernte-
erfolgs der hackfrüchte
die mich wundert nieselt
es doch gerade während
jemand putzig puff, der zauber-
drachen
übersetzt hat mir
bisher bekannt aus einem
kubrick oder good morning,
vietnam
und wir unterwegs
sind – er in seinem mittlerweile
siebzigsten jahr fast vierzig
davon genau hineingeboren
in eine rotrotrosige zukunft
hat man gesagt aber auch
der arbeit und plackerei
erst auf der kolchose später
dann in der selbstständigkeit –
um nun rechenschaft abzulegen
über einen weiteren monat der
handwerkerschaft der steuer-
beratungskiste einem briefkasten
in der großen kreisstadt der es
dann der finanzamtskaste zuträgt
die dann nimmt oder seltener
gibt weshalb nach monats-
abschluss dem briefkasten öfter
gegrollt denn gedankt werden
muss. allein, was nützt es
zu hadern? nur bauernschläue be-
steht im stetigen barmen egal
wie das wetter war noch wird –
„viel stroh, aber wenig getreide.“
oder auch mal umgekehrt.
in meiner familie dem hand-
werkerclan wird da lieber
mit den händen nicht dem mund-
werk den zeiten getrotzt. denn
sind wir mal ehrlich und auch
wenn der radfahrer da am rand
müßig durch den regen die mäßig
ansteigende straße entlang-
klimmend raunen mag: hier lebt
sich’s beschwerlich dann ist
das nicht so. hier lebt sich’s
beschaulich hier ist das land hier
sind die gemüter flach hier gibt es
seltene erden hier hat man bereits
im vergangenen jahr mit der
ehrenbürgerschaft hitlers schluss
gemacht und aberkannt die
aber formal ja sowieso ’45 mit
bunker und schuss, schuss und
magda, lass‘ die finger von den
kindern
und wir haben nichts
gewusst
beendet gewesen sei hier
hat man schnell fakten geschafft
auch wenn es bezeichnender war
zu lesen wann diese begann ’33
kurz nach dem antritt nämlich
bereits aber hier schmückt man sich
jetzt gern mit solch zweifel und
lorbeer angesichts des neuer-
gräuerlichen terrors von rechts
jetzt ist das auch einfach und
jetzt nennt man sich rosenstadt
„die städter“ sagt vater manchmal
ironisch „waren schon immer was
besonderes“
und meist verlassen wir
dann auch schon wieder die stadt
so wie jetzt auch wenn ich nicht
glaube dass die tiden die zeiten und
der wasserstand sonderlich an-
gestiegen seien so wie es debbie
harry aus dem lautsprecher unseres
wagens westlichen fabrikats
inmitten des nieselregens be-
hauptet der doch derselbe ist
jahr und tag aber ich höre gern dass
sie nicht das mädchen sei das so
schnell aufgebe und meine nummer
eins werden will und denke diese
reißbrettexotik von an mariachi
erinnernden blechbläsern und
steel drums getrimmt auf ska
hätte mich –wäre ich nicht später
geboren und hinter dem warschauer
pakt – 1980 vielleicht nicht gleich
an die us-westküste gezogen
auch nicht das inselparadies
mit der höhle des kleinen
puff aber doch fort
denn hier
ist das land flach
wie zuweilen die leute
denn hier
lebt es sich nur all
zu beschaulich
hier lebt man
hier stirbt man allein:
wie eben
auch andernorts.


2012/05/31

 
 
 
 

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