Sonntag, 2. September 2012
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ZDF
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thecityishardthecityisfair
13:29
Diese Woche [2012/08/V]:
Medienkritik.
(All die aufgestaute, all die
nutzlosen Bilder, vier Nächte, sechs Tage ohne Schlaf.)
Kult ohne Gnade: „Die
Pyramide“, ZDF, Mo - Fr 16:15.
In seinem unerbittlichen Versuchen, sich für ein jüngeres Publikum zu
re-generieren, haben die Macher vom Zweiten Deutschen Fernsehen wieder einmal
mehr als Mut bewiesen und beherzt in die eigene Vergangenheit gegriffen: „Der
Kult kehrt zurück: ‚Die Pyramide‘“
heißt es ab sofort montags bis freitags, nach der Parade von Spitzenköchen, bei
denen vor allem das eigene Ego mitkocht.
In einem Studio, das strotzend von mit Leuchtstoff illuminierten (sic!) Pyramiden aussieht, als hätte eine
Horde von Praktikanten das Originalsetting in den vergangenen Jahren (die ohne
Kult) dem aktuellen ZDF-Design gemäß angepasst, abgerundet, glatt geschliffen
und mit einem grellem Orangeüberzug ausgestattet. Mitrecycelt wurde offenbar
auch der Moderator Micky Beisenherz, ebenso glatt geschliffen, ohne eine Stärke
des Ausdrucks, dafür bisweilen mit dem Unterhaltungsformat sichtlich
überfordert wirkend. Was wundert, kennt man doch auch diesen wieder als
Moderator und Autor diverser privatfernsehlicher Formate. Ein Fundus, dessen
sich man beim Zweiten ja gern bedient und in steter Mission einer
Verjüngungskur immer wieder diejenigen abwirbt und zu den Zukunftsträgern kürt,
die dort längst abgelebt wirken. Und sie dann kochen, Wetten, dass..? moderieren und/oder hübsch hochstocksteifdeutsch
daherfloskeln lässt. Im Vergleich zu solch Offensivelend hält sich der wackere
Knappe Beisenherz recht tapfer, aber offenbar auch nicht gänzlich von diesem
überzeugt, hat man ihm von Seiten der Macher vorsorglich und als echte
Innovation einen Schiedsrichter zur Seite gestellt: Joachim Llambi, seines
Zeichens und in dieser Rolle als verbaler Vollstrecker auch noch kaum Einem
bekannt. Zumindest, als Gebührenbewusster, der nur das Öffentlich-Rechtliche
und nichts anderes guckt. Und das Prinzip der Sendung, wie es der Videotext
lakonisch zusammenfasst: „Ein Kandidat erklärt Dinge, die ein zweiter erraten
muss.“ dann als spannend, der Zeit angemessen, ja, gar als Nerven aufreibend
erachten muss. Und sich vielleicht nicht fürchtet, die auch in einem
Nach-20-Uhr-Szenario tunlichst zu vermeidenden Gesichter von etwa Jan Hofer
oder Birgit Schrowange hier schon durch den frühen Feierabend geistern zu
sehen. Diese gelten hier als „Prominente“ und stehen als solche ausgezeichnet
jeweils einem Normalo zur Seite (oder im Wege), wenn dieser ihnen auf der Jagd
nach ein paar abgezwackten Gebührengeldern „Dinge erklärt“, die die diese
„erraten müssen“. Bevor diese ihrerseits ihm dann „Dinge erklären“, die er dann
– Sie ahnen es! – „erraten muss“.
Noch nie wurde die menschliche Sinnsuche und deren Vergeblichkeit in
bedrückenderer Biederkeit illustriert, dem nur eins Abhilfe schaffen kann: Die
auch um diese Tragik, weil allwissende Hoheit Wikipedias, das doch tatsächlich
noch alle prominenten Gäste, angefangen von 1979 bis dato, aufzulisten weiß.
Wer je an der Sinnhaftigkeit eines Nachschlagewerks, an dem jeder mitschreiben
darf, gezweifelt hat, sei hiermit eines Besseren
belehrt.
Gehirne in die Hand: „Prometheus“ oder „Total Recall“?
Während das hinter vorgehaltener Hand Prequel genannte „Prometheus“
mir in den meisten Kritiken zu zahm betrachtet wird (bis auf wenige Ausnahmen),
scheint die wiederum Remake genannte
Wiederverfilmung eines Films schon von vornherein zum Abschuss freigegeben. Was
ich ein bisschen ärgerlich fand, hatte ich mich trotz allen Unkenrufen doch für
wenig Geld vor die Leinwand gewagt. Und bin angenehm überrascht worden:
Selbstredend, man nimmt auch hier Jessica Biel nicht eine Sekunde ihre Action-Rolle ab, klingt doch bei jedem
ihrer Auftritte das religiös-fundamentalistische Echo jener
himmlisch-dauerheiteren Familienserie nach, in der schon bereits der Genuss von
Kaffee fast ein Einstieg in eine grobe Drogenkarriere darstellte. Und, klar,
wird hier Bill Nighy weit unter Wert verkauft. Und, ja, Len Wiseman,
verantwortlich für das „4.0“-Update
von „Stirb langsam“ und als Regisseur
und Drehbuchautor u. a. auch für die „Underworld“-Reihe
(weshalb seine Ehefrau Kate Beckinsale auch diesen Film ziert) ebenso
involviert, erfindet die von Paul Verhoeven 1990 bereits adaptierte Philip K. Dick-Geschichte
nicht komplett neu. Warum aber auch?
An mindestens zwei Stellen referiert er auf diesen sogar explizit,
wenn der Hauptdarsteller Colin Farrell sich ein Leben auf den Mars wünscht oder
die physischen Vorzüge einer gewissen jungen Dame zitiert werden. Das ist ein
Augenzwinkern, eine Referenz an oder auch Verneigung vor dem Original. In
diesem war es noch Arnold Schwarzenegger, der durch eine von Visual Effects-Handwerk, nicht schnöder
Rechentechnik animierte „Muppet-Show“,
bei der der extensive Einsatz von Greenscreens
oder von Computern generierter Effekte noch in der fernen Zukunft eines „Terminator 2“ im nächsten Jahr lagen.
Will heißen: State of the Art, wie es
einige Kritiken in ihrer Vergangenheitsversonnenheit sich selbst einreden, war
Verhoevens-Film schon da nicht. Im Gegenteil, wirkt er in seinem kruden Mix aus
übertriebener Gewaltdarstellung und oft unfreiwillig komischen Szenen fast
schon wie eine Parodie auf die wirklichen Perlen des Science-Fiction-Genres.
Aber auch wenn man Puppen- und Stop-Motion-Technik
auch heute noch freundlich gestimmt ist, muss man aus schnöder Nostalgie und
falschem Konservativismus die CGI-Welt,
in die Wiseman seinen „Douglas Quaid“ katapultiert, nicht schlechter finden.
Zwar verpasst auch sein Film wieder, das Unerhörte, ein Mensch, der sich in
einem Vexierspiel um die Manipulation seiner Erinnerungen letztlich schafft,
sich seinem wahren Selbst zu nähern, gegen die alte Idee des Idealismus (das
auch am Abspann noch), alles nur Vorstellung gewesen sein könnte, auszuspielen.
Aber dieses Spiel mit der menschlichen Wahrnehmung haben ja bereits die „Matrix“-Filme ausgelutscht, in denen
Keanu Reeves, der Mann den genau zwei Gesichtsausdrücken, durch drei Aufgüsse
irrt, für die es gereicht hätte, ein Kapitel bei Hilary Putnam zu lesen: die
Gehirne im Tank.
Ohne solch intellektuellen Aufwand, aber auch dankenswerterweise ohne
die Szene aus dem Original von 1990, in der sich Arnie allen Ernstes ein nasses
Handtuch (!) um den Kopf wickelt, um eine gigantische Sonde, die er sich später
selbst aus der Nase zieht, zu wiederholen, hat „Total Recall“ anno 2012 andere Qualitäten: Allein schon das Setting, die Kulissen, ein nach oben aufgestocktes (hier könnte man
mit den Worten „Überbau“ oder auch den „upper
classes“ spielen) und damit riesiges London und, auf der anderen Seite des
Globus, ein nur mehr „Kolonie“ genanntes Australien sind des Sehens wert und
entschädigen schon dafür. Besonders Letzteres, ein Arbeiterslum, das durch den ewigen Regen und seinen asiatischen Touch, insbesondere in den
Vergnügungsvierteln, fast wie ein „Blade
Runner“-Zitat wirkt. Vergleicht man diese Mikrokosmen mit dem letztlich
leeren Gigantismus von „Prometheus“,
Computer generiert oder nicht, dann sind diese doch genau wie der Mars im „Total Recall“-Original vorzuziehen.
Zumal einem wie bei Ridley Scott der 3D-Brillen-Aufpreis erspart bleibt: Welche
(ich schrieb es schon) aus einem schlechten Film eben keinen besseren zu machen
vermögen: „Prometheus“ ist eine
blutleere Pilgerfahrt ins Nichts, und wird wohl zu Recht jetzt nicht als Prequel zu einem Klassiker wie „Alien“ beworben. Statt einem
Kammerspiel mit wirklichen Protagonisten, die sich gegen eine fremde
Intelligenz erwehren müssen, gibt es ein wüstes, ausuferndes Setting mit einem wüsten, arg
vorhersehbaren Plot und, das ist am
enttäuschendsten, Außerirdische, die trotz CGI-Rechenkraftaufwand
dann einfach nur aussehen wie farblose große Menschen. Einziger Lichtblick:
Michael Fassbender. Aber das will schon was heißen, wenn die einzige, an sich
emotionslose, künstliche Lebensform an Bord es rausreißen soll. Spätestens beim
„Im Jahr des Herren“ im Abspann möchte ich dann doch vorzeitig gehen.
Liebster Moment in „Total Recall“ hingegen: wie eins der
Zukunfts-Emo-Kids versucht Colin
Farrell sein schickes Handtelefon abzuquatschen. Manche Dinge bleiben sich
gleich.
Krude Orgasmen für die Massen.
Und auf Plüsch: „Ted“.
Spätestens beim ersten Auftritt von Giovanni Ribisi – hier als eine
wenig schillernde, fast verwitterte Vaterfigur – ist klar, dass Handlung in
diesem Film eine doch eher untergeordnete Rolle spielen wird. So lieblos
skizziert, beinahe konturlos ist der Bösewicht in spe bereits da: In etwa die grundharmlose, allein erziehende
Reinkarnation „Buffalo Bills“ aus „Das
Schweigen der Lämmer“, der sein bestes Stück nicht zwischen den Beinen
versteckt, sondern dazu genutzt hat, sich einen fast bedrohlicher wirkenden
adipösen Sidekick zu seiner müden
Adaption „des Bösen, akzeptabel für das Familienkino,“ hinzu zu erschaffen. Das
wirkt so aufgesetzt, so ex machina,
wie die insgesamt arg vorhersehbare Geschichte ebenso dahin treibt, auf ihr
ebenso erwartbares Ende hin. Aber einen sonderlich anspruchsvollen Plot erwartet auch niemand von Seth
MacFarlane auf der Großen Leinwand, wenn er die von ihm inszenierten
(US-)Zeichentrick-Serien „Family Guy“
oder „American Dad“ kennt. Oder,
spätestens, seit der zweiten Hälfte des Trailers
weiß, dass dem Held des Films, Mark Wahlberg, ein animierter Teddybär als
„Donner-Buddy“ zur Seite gestellt wird. Der in der US-Version Seth MacFarlanes
Stimme hat, die hierzulande Jan Odle, der auch MacFarlane als „Peter Griffin“
in „Family Guy“ synchronisiert,
übernimmt. Oder er weiß, dass in der Originalversion Mila Kunis oder der auch
zum Cast des Films gehörende Patrick
Warburton Figuren aus dem MacFarlane-Universum bereits ihre Stimme leihen. Denn
damit ist der Erwartungshorizont abgesteckt: MacFarlane hat nichts anderes als
eine Episode „Family Guy“ oder „American Dad“ ausgedehnt auf einen
abendfüllenden (nur mehr teilanimierten) Realfilm. Nur, dass es hier eben nicht
der gewöhnliche, leicht debile oder auch nur paranoide Familienvater ist, mit
oder ohne Verbindung zum US-Militär, dem ein sprechendes Haustier oder
extraterrestrischer Besucher, mithin zugedröhnt, als Buddy zur Seite gestellt
wird, sondern ein flauschig animiertes Stück Plüsch Mark Wahlberg als ganz
normalem Typ von Nebenan. Der Rest ist in etwa der auch in diesen Serien
zelebrierte, durchaus recht derbe Humor, der so gern auf den
(US-amerikanischen) Zeitgeist referiert. Anders aber als in den eben primär
für‘s US-Fernsehen produzierten Serien gerät dies nicht so anstrengend, wie
mitunter selbstreferentiell: Es hagelt Filmparodien, Anspielungen auf besagtes
Fernsehen und Serien, insbesondere die der frühen achtziger Jahre (der Jugend
des 1973 in Kent, Connecticut, geborenen Seth MacFarlanes und seiner Figur John
Bennett, der zur Weihnacht 1985 als Junge seinen alsbald zum Leben erwachenden
neuen Freund bekommt), werden dabei kolportiert. Es gibt Angriffe auf
ethnische, religiöse Minderheiten, sowohl verbal wie auch tätlich, wie auch den
zur Schau gestellten Konsum von Drogen oder ganz offene Prostitution, die
natürlich besonders dem prüden Zerrbild eines US-Alltags und dessen
vorgeblicher Political Correctness
notorisch zuwider laufen. Doch wo Matt Groenings „Simpsons“ es sich leisten, diesen dann und wann ironisch zu
hinterfragen, etwa wenn als Running Gag
ein dreiäugiger Fisch die Gewässer um das mit einem Atomkraftwerk aufwartenden
Springfield bevölkert oder die berühmte Couch-Anfangssequenz gar dem
Streetartkünstler Banksy überlassen wird, der prompt Marketing und Produktion
der ebenfalls für FOX produzierten Serie karikiert, gibt es diese Ebene
kritischer Reflexion, diesen leicht subversiven Charme, hier selten bis gar
nicht. Statt Hintersinn liefert das MacFarlane-Universum die Haudraufkeule,
Schlag auf Schlag, rundum: Das mag in den geringsten Momenten einfach nur
anzüglich sein, mithin sexistisch, rassistisch oder auch nur widerlich.
Anarchisch mag das manch einer vielleicht dann gar finden. Etwa wenn sich der
Bär plötzlich im Infight mit dem in
die Szene entlassenen Federvieh befindet, das das in dieser Episode
unvermittelt auftauchende Klischee eines wütenden Nachbars asiatischer
Herkunft, der – natürlich – gerade dabei war, dieses sich zuzubereiten, auf ihn
loslässt. Oder wenn der Plüschbalg in seinem Balzverhalten an einer Supermarktkasse
gar soweit geht, das von Erfolg gekrönte Ende dieses vorweg zu nehmen, und mit
Handseife als Ejakulatersatz einen Cumshot
simuliert. Letztlich leistet MacFarlane hiermit nur eine ins Groteske
überzeichnete Korrektur des erwähnten Zerrbilds und zeichnet einen American Way of Life, der sich schlussendlich
eben mit weniger zufrieden gibt. Oder, besser, sich zufrieden geben muss. Denn
anders als Groening und seine „Simpsons“,
die wohl auch darum von einem breite(re)n Publikum abseits des Personals, dessen
sie sie sich bedient – der unteren US-amerikanischen Mittelschicht – Ansehen
genießt, machen sich die Serien MacFarlanes nur mit diesem Publikum als Ziel
gemein. Das kann in Sitcoms wie „Alf“, „Roseanne“ oder „King of
Queens“, die ein ähnliches Milieu zeichnen und bedienen, durchaus mit
dramatischen Elementen durchzogen sein, die auch ein bisschen Lebenshilfe
liefern, indem sie Konflikte auch des dem Zuschauer bekannten Alltags nachfechten.
Im simpelsten Fall sind sie aber – wie „Ted“,
„Family Guy“ oder „American Dad“ – vor allem eins:
Unterhaltung, ein Lichtblick, diesem Alltag für ein paar Minuten Heiterkeit
entfliehen zu können.
Bester Moment: Allein schon
die Kinder- und Jugend(foto)sequenzen, die eine „Vorgeschichte“ generieren,
sprich Lücken füllen, und etwa „E.T.“ oder „Yoda“ verballhornen, dürften
Ansporn gewesen zu sein, diesen Film überhaupt zu machen. Skurril und doch sehr
komisch: Ryan Reynolds Cameo als ausgerechnet
prügelnder Homosexueller. Das entschädigt fast für all die Momente, wo despektierlich
über Frauen und misogyn dahergeredet wird.
Apropos Giovanni Ribisi, Kino in Kürze: Die dann wirklich beste Komödie des Sommers stammt leider
wieder nicht aus dem Judd Apatow-Universum, und damit auch nicht aus Feder von
Jason Segel und Nicholas Stoller. Denn trotz Segel, Emily Blunt und Rhys Ifans
u. a. als Darsteller ist „The Five-Year
Engagement“ (dt.-dümmlich: „Fast
verheiratet“) leider ein sehr langer, unausgegorener Film geworden, der das
Versprechen des Trailers, was die
Dichte an Gags angeht, leider nicht
einzulösen vermag, hingegen aber auch leidlich wenig rührend ist, um über dies
hinweg zu täuschen.
Daher keine Bedenken, den Preis einem Film zu überlassen, der zwar
nicht als lupenreine Komödie daherkommt, da er auch leicht unterschwellig
politisch-sozialkritische, subversive bis hin schier absurde Inhalte
vermittelt. Unter anderem gibt es eine Liebesszene mit Heard und Hitler, wie
erwähnt Giovanni Ribisi, den ich erst bei seinem zweiten Auftritt überhaupt als
diesen erkannt habe, und einen Johnny Depp, der einen zu (Lach-)Tränen rührt,
wenn er noch einmal in ein Alter Ego
seines Freunds Hunter S. Thompsons schlüpft, das in „The Rum Diary“ Paul Kemp heißt, 1959 die puerto-ricanische
Hauptstadt San Juan bereist und aus Hunters erstem, lange verschollenem Roman
adaptiert wurde. Ein sehr schönes Wiedersehen mit „dem Colonel“.
Abschließend sei noch die wichtigste Streitfrage der besten Comic-Verfilmung geklärt: „The
Amazing Spider-Man“ vs. „The Dark
Knight Rises“.
Obwohl Christopher Nolan zu Gute zu halten ist, die beste, mithin
düsterste und psychologisch raffinierteste Adaption des selbst ernannten
Rächers mit den dunklen Schwingen erschafft zu haben und ich anfänglich doch
sehr skeptisch war, ob es bereits jetzt wirklich einer Neuadaption „Spideys“
mit „dem Typen aus ‚The Social Network‘“
bedurfte, geht dieser Preis doch klar an „The
Amazing Spider-Man“. Marc Webb, der schon mit „(500) Days of Summer“ rührte, aber eben nicht anbiederte, gelingt
dies bei seiner Neuerzählung, wie aus Peter Parker „die Spinne“ wird, wieder:
Und dies auch psychologisch weit interessanter als der Sonny Boy, den Tobey Maguire in den Sam Raimi-Filmen mimt, der immer
erst und dann wirklich nervig markige Sprüche am Dauerband abgibt, wenn er sich
sein Kostüm übergestreift hat – in etwa das Äquivalent zu Christian Bales
albern tief verstellter Stimme, wenn er „Batman“ ist. Andrew Garfields „Peter
Parker“ ist da authentischer: von Anfang aufrührerischer, ein Waisenkind,
Außenseiter und neuerdings, aber zu verschmerzen, auch Skater. Nun gut, dies trifft bis auf Letzteres auch auf Bruce Wayne
zu, was diese aber unterscheidet, sind ihre Gegenspieler und die geraten, da
Nolans Streifen den Plot des ersten
Teils seiner Trilogie wieder aufgreift, zu Karikaturen, deren Motivation (bis
auf bloße Rache) schier unverständlich bleibt und die darum ab und an auch
etwas unfreiwillig komisch geraten. Wer nicht, als „Bane“ über das Überstreifen
seiner Maske sinniert, an kleine Berliner-Hinterhof-Rapper und ihr „Mein Block“-Gehabe
kichern muss, nimmt dieses Comic-Universum schier zu ernst. Dem gegenüber wirkt
die fast ebenso unbehänd animierte, dort fast wie „Bane“ agierende „Echse“,
eben wie das, was unter ihrer CGI-Haut tickt: ein sympathisch-faustisch
getriebener, von Rhys Ifans gespielter, fast zu sanfter „Dr. Curt Connors“,
dessen Motivation und Wandlung der Zuschauer nicht einfach als Fakt gegeben
betrachten muss, sondern nachfühlen kann (was, nebenbei, auch schon Alfred
Molina als „Dr. Otto Octavius“ in den Raimi-Filmen vor den Plastegesichtern
anderer Schurken auszeichnete). Hinzu kommt, dass „The Amazing Spider-Man“ etwas schafft, was mich zutiefst verblüfft
hat: Nicht nur, dass ausgerechnet ein Literaturkurs(!) ganz am Schluss gleich
zwei Pointen, was Narration und das Fortführen ebendieser Geschichte liefert,
nein, es erzählt sie auch ganz ohne eine Personalie, die ich, aufgewachsen mit
diesen Comics und nun auch Literaturwissenschaftler, bisher essentiell für
diese hielt: Webb Film tilgt einfach so „Mary Jane Watson“, und die ersten
zarten Bande, die „Peter“ zu „Gwen Stacy“ (alias
Emma Stone) knüpfen, machen dies mit dem ersten Handstreich vergessen: Man
vermisst sie auch nicht. Ein Punkt, der auch „The Dark Knight Rises“ rettet: das Zwischenmenschliche und die
verhaltene, verklärende Romantik, die auch in diesem, allzu düsteren
Comic-Universum noch aufscheinen: Denn „Alfreds“ (Michael Caine) Ahnen und
Anmahnen (und des zu bekrittelnden Hirnriss‘ auf der einen Seite der Storyline) zum Trotz gelingt Nolan hier
ein schöner Abschluss: Was vor allem an Anne Hathaways „Selina Kyle“ liegt, die alle albernen bis grausamen „Catwoman“-Inkarnationen
bis dato, ungeschehen macht. Und die
erst von Katie Holmes, dann von Maggie Gyllenhaal gespielte „Rachel Dawes“
ihrerseits und für „Bruce Wayne“ vergessen macht, bevor dieser mit einem großen
Knall in die Rente geschickt wird. Und die Hintertür für eine Fortsetzung unter
anderer Federführung mit der von Joseph Gordon-Levitt verkörperten Figur, die
natürlich --- ist, nach wie vor offen steht. Applaus für: Cillian Murphys Cameo
noch einmal als „Scarecrow“, der dann schon wieder perfekt in all den Hirnriss und
großen Spaß, hat man diesen erst mal akzeptiert, passt.
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