Ich, Nonkonformist
#2578, Anführer der Rebellion im präventiven Überwachungsstaat Europtheia 7, The
Heart Is a Lonely Gatherer oder Zwanzigmalzweitausendelf (oder Zwei oder
drei Dinge, die ich davon noch weiß)
Es ist Samstag,
letzter Tag des Jahres, das ich diesem gemäß das „nach dem Schiffbruch“
nennen werde. 100 Jahre, nachdem Kapitän Scott nicht mehr vom Südpol
zurückkehrte. Im Auftrag Ihrer Majestät. Hier noch immer kein Schnee,
wenigstens ist es trockenkalt an diesem späten Dezembermorgen. Ich stapfe in
Lammfell gefütterten Winterschuhen, überdies meinen ersten, die zudem ein wenig
an Doc Martens erinnern, durch die Stadt; trage neuerdings die teure,
tiefschwarze Jacke auf, die anlässlich der Beerdigung von Oma hatte angeschafft
werden müssen. Mir steht sie besser als dem Schrank. Und einen weiteren Anlass
will dieser, da sind wir ganz einig, auch nicht abwarten. Die Menschen, sie
warten nicht gern. Ihnen Zeit zu stehlen, ist Frevel. Nehmen Sie mein Geld,
stehlen Sie mir meine Illusionen, indoktrinieren Sie mich mit irgendeinem Mist!
Nur machen Sie schnell! Ja, ich bin ein Angsthase, wenn Sie nur wollen, ja,
auch das kleine Mädchen im dunklen, dunklen Wald, vielleicht bin ich als
Säugling mit einer Lungenentzündung als Komplikation einer Kinderkrankheit wie
den Masern erlegen, und dann in den harten realsozialistischen
Kinderkrankenhausalltag eingeliefert und traumatisiert worden, vielleicht, ja,
vielleicht sogar das! Wer weiß das schon? Ich weiß es nicht. Und: Will ich das
noch wissen? Was wissen Sie schon? Meine Chipkarte? Hier, bitte.
Ein neuer Schal und
die Dockermütze runden den vorgeblich geläuterten, runderneuerten Phänotyp
meines Selbst noch ab. Ich gebe noch immer nicht viel auf Aussehen, Mode,
diesen ganzen Außenansichtskartenkram. Image ist nichts, wenn du mit
zehn deine erste Brille bekommst, und sich da bereits die Akne durch die
Flanken deines Halses frisst. Manchen Marken bin ich treu, anderen nicht, und
ich kaufe noch immer nicht bei kik. Das wiederum aus Überzeugung. Im
Falschen darf man das Falsche nicht auch noch nähren. Finger weg, von Disney-Kitsch!
Der Schal ist gut, er erfüllt seinen Zweck, und deckt die Flanken ab, die
mittlerweile so verwachsen sind, dass nur ich sofort weiß, dass sie einst wild
zerklüftetes Terrain waren. Darüber hinaus ist er auch sehr schön. Sehr
weiches, anschmiegsames Material, das sich in der Hitze überhitzter Räume nicht
anbiedert, aber einen auch nicht im Stich lässt, tritt man wieder in die
Straßenkälte hinaus. Das ist eine neue Nuance, die ich diesem simplen Stück
bekleidenden Stoff nun auch zuerkennen möchte. Aber beenden wir diese längste
Reflexion, die ich bisher über solch nebensächliches Zeug angestellt habe –
weil es ja auch irgendwo Irrsinn ist, ob der oder die Andere mein T-Shirt mag,
wie ich hier neulich las, schließlich geht es mir doch darum, dass er mich,
den, der da drinnen steckt, schätzt – jedenfalls, was das betrifft, kann ich
mit der zusammenfassenden Bemerkung schließen: Ich experimentiere. Traue mich.
Genauer, ich finde heraus, was ich eigentlich mag.
Auch wenn es dann
kariert sein mag, und grobe Männerbeine ziert. Meine Beine. Was laut Aussage
von führenden Experten, die es ja für alles und immerzu und nichts gibt, „bei
Frauen“ wohl nicht so ankomme. Ich füge hinzu, konkreti- und präzisiere: dann
eben bei diesen „bestimmten“, eben bei „solchen“ Frauen. Interessieren die
mich? Generalisierungen sind eben meist nur blasse Rhetorik, keine straffe
Argumentation. Und davon abgesehen: Ich find’s gut, lass es mir nicht mehr
durch den auch noch so deplatzierten, auch nur klitzekleinen Kommentar kaputt
machen. Auch weil ich jetzt weiß, dass ich mich da, in der Beziehung, nur allzu
oft vom Ansehen Anderer abhängig mache. Es allen recht und keinem zuwider machen
wollte. Was eo ipso schief gehen muss(te). Aber wer versucht sich schon
zuerst am nur Möglichen. Zumal, wenn er seinen Selbstwert daraus bezieht, sich
die Hürden für sich selbst eben möglichst hoch anzulegen. Irgendwann kommt so
einer dann in‘s Stolpern. Und als ob er da jetzt vor dem tiefsten Abgrund
steht, hält er sich dann atemlos den Hinterkopf. Stutzt. Und merkt auf –
Vergessen habe ich
dabei ja nur manchmal eine Kleinigkeit: Mich selbst. Und das, obwohl ich
umgekehrt, und das nur als Beispiel, ja wiederum auch keinem Anderen da
hineinrede: Vorschriften, wie zu leben sei, mache. Jeder nach seiner Fasson und
seinem Fetisch. Lieblingsweihnachtszitat nach vollführtem „Hut-Trick“ (ist
gleich Dockermütze ab): „Niemand mag rote Haare, und du machst dir welche!“
Die werte Familie wittert gleich wieder Provokation, Streitsucht und Unbill,
dass man dabei nur an sie gedacht haben könne, und die Leute könnten ja reden…
Und was ein Quatsch noch. Die Leute reden auch so. Und was nicht alles. Und
sonderlich nachgedacht habe ich auch nicht. Schon gar nicht, wie das wieder auf
wen wirken könnte. Darauf habe ich schon genug Gehirnschmalz verwandt. Und lag
dann auch oft falsch. Diesmal war ich spontan. Ich mag rotes Haar. Verbinde
damit sehr viele gute (und weniger gute) Erinnerungen. Und ich hatte Lust. Auf
Veränderung. Trage das erste Mal seit elf oder zwölf Jahren wieder eine
Haarfarbe, die nicht meine natürliche, eben nicht schnödes Straßenköterblond
ist. Wie damals vor dem Abitur, wo es noch schwarz war, mein Banknachbar mich „Quentin“
nannte, während andere wieder dachten, ich hätte eine besondere Affinität zu Elvis,
die ich da einfach (noch) nicht hatte. Heute habe ich diese zwar, in dem Sinne
wie The Clashs „London Calling“ eben Elvis Presley auf dem
Cover zitiert: Nach populärer Auffassung ist er der Anfang von dem, was man Rock’n’Roll
nennt. Und „London Calling“, obwohl 1979 erschienen, absurderweise aber
vom amerikanischen Rolling Stone Magazine als bestes Album der 1980er
Jahre gehandelt, war nicht das (intendierte) Ende davon. Zum Glück. „London
Calling“ war nicht mal das Ende von Punk. Denn der war schon seit
Neunzehnsiebenundsiebzig wieder am Verwehen. Das heißt, die zweite Aufwallung,
die man – nach amerikanischen Garagenbands als Antwort auf die British
Invasion – so genannt hat. Aber tut ja auch nichts zur Sache, zurück zu
meinem Banknachbarn, ich könnte euch auch davon erzählen, wie wir beim
(kleinen) Herrn Muck, „heute mal nicht über Steine“ (Original-Zitat! „Heute
reden wir mal über – ja, was? Die Weltformel?, Frauen?, Den Sinn des
Lebens..? – Steine.“ Ein Glanzlicht des Sekundarstufen-Zwei-Lehrplans!
Im Ernst. Ist wirklich passiert!) geredet hatten, sondern ich hochroten Kopfes
in der vorletzten Reihe meines Grundkurses Geografie saß, und irgend unaufgeregt
verbergen versuchte, den ersten (und einzigen, soweit ich mich erinnere,
schließlich gibt es Internet, na ja, bis auf einen Schwarzen, neben dem ich am
Bahnhof mal stand, und der, auch wieder doof und doppelt dumm, noch dümmeren,
rassistischen Auch-wirklich-immer-könnenden-Bimbo-Ressentiments ganz
entsprach, und in einem solchem Fucksimile blätterte...) Hardcore-Print-Porno
dort unter der Schulbank parallel zu den auch wirklich ungemein spannenden
altertümlichen Gesteins- und Basaltschichten in Augenschein nehmen zu dürfen
müssen. Oder dann mein Charlie-Brown-Moment, als er mit meinem,
zugegeben, nicht so kleinem (wir waren auf Augenhöhe, das ist etwas, was ich
nach wie vor schätze, und dabei meine ich nicht mal meine irrwinzige
Einszweiundsiebzig Körpergröße) rothaarigen Mädchen abzog. Ich habe ihn lang
nicht mehr gesehen, aus den Augen verloren. Was schade ist. Ein Bedauern, was
ich nur sehr selten empfinde, bin ich doch nicht sonderlich gut darin, Menschen
zu halten.
In der über die
Schulter gestreiften Tasche trage ich Heimchen von der Zoohandlung am
Hauptbahnhof in die Niemanns Bucht, wie ich altera Ithaca, mein
derzeitiges Zuhause auf Zeit, nun nenne. Denn ein solches ist es erst jetzt,
seit meinem Bezug 2003 bin ich immer wieder geflohen. Ins Elternhaus, auf‘s
ungeliebte Dorf, mein altes Zimmer, in Bücher, Kinosäle, für Konzerte nach
Berlin, an das Ufer der Spree. Zuletzt war ich gar in einer Klinik zur
stationären psychotherapeutischen Behandlung der Ängste, die mich trieben, und
der Depressionen, in die diese führten. Zweitausendundelf habe ich aber auch
gelacht, gehofft, geliebt, gesorgt und Wut gehabt, geredet, gesprochen,
geschwiegen, geschrieben, Short Messages gestoppt, beklommen gehofft,
zerronnen, wie gewonnen, den Körper verbogen, gegrollt, gehadert, tief
eingeatmet, DVDs verborgt, durch die Südvorstadt geirrt (Chuckamuck! Die
Sterne!), tief ausgeatmet, nach Plagwitz gefunden, Ikea-Regale
gestemmt, mal nicht geschwommen, beklommen gehofft, ebenso zerronnen, wie
wiedergewonnen, die Südvorstadt gerockt (Art Brut!), es ohnwillig zum
Stationssprecher geschafft, Freitags Ausgänge beantragen lassen, gelesen,
gezeichnet, geharrt, wieder angefangen zu schwimmen, Mut, Lachen und Halt
gefunden, Yoga gemacht und „oh, wie schrecklich schön ist das“ bei der
neuen Laura-Marling-Platte gedacht, Abschiede genossen, Nähe zugelassen,
gesucht, gefunden, schon früh nach dem Zähneputzen gekotzt, am Telefon 1:51 h
vergnügt schimpfen lassen und dabei über das böse F-Wort aus wild erregtem
Frauenmunde sehr gelacht. Do I Have Your Attention? haben dann The
Blood Arm ausgerechnet mir (und den da geschätzt 15 anderen im Werk 2)
als Ständchen gebracht. Kurzum: Zweitausendundelf habe ich mich das erste Mal
seit Langem wieder unter Menschen gewagt. Mit ihnen gelebt, sogar zusammen, auf
engstem Raum. Knapp zwei Monate in der Klinik mit einem Mann. Eine
Männerfreundschaft mal wieder gewagt. Was ganz gut ging. Und dann noch mit
einer Frau danach. Was Nerven aufreibend war. Aber auch schön. Und eine Woche
ging. Und mir die Erkenntnisse brachte: Erstens, ich bin gar nicht mal die
schlechteste Hausfrau (was, zurück in der Bucht, der Entrümpelung meiner
eigenen vier Wände half) und, zweitens, dass sowas ja gar nicht so piefig sein
muss, nur weil „die meisten“ Paare sich in ihrem Zusammenleben offenbar einer
ebensolchen Piefigkeit aus Einfallslosigkeit und/ oder mit Vorliebe anheim
geben.
Angeblich flüchte ich
mich dabei aber auch in „aufregendere“ Gegenwelten, wohl auch aus Angst vor
Verlust und zum Schutz vor Trauer, so steht es jedenfalls in dem abschließenden
Bericht aus der Klinik, den meine eigentlich weiterbehandelnde
Psychotherapeutin aber nicht einmal mehr mit mir durchgegangen ist. Ich weiß
nicht, ob dies stimmt. Ich weiß aber auch, dass ich mit Freude vorgebliche Bilder
glücklichen Lebens seziere, um die Lebenslügen der Anderen weiß, noch bevor
diese sich dessen bewusst werden. Bilder eines glücklichen Lebens, zerfetzt.
Und ich der advocatus diaboli, der nur allzu gern bereit ist, diese zu
zerschmettern. Hinter der alles verstellenden Angst barg sich offenkund auch
eine Menge Wut, Hader, Groll und auch Zorn über diese Unbefangenheit,
Unreflektiertheit, ja, impertinente Ungeniertheit, mit der es Einigen offenbar
gelingt zu leben. Wohl auch, weil es diesen eher negativen Gefühlsauschlägen
merklich leichter fällt, diese Mauern der Depression und der Angst in der
eigenen Psyche zu überwinden. Und es einem hinter diesen eben nur sehr selten
gelingt, in „höchsten Höhen“ zu schwelgen.
Befremdet staunt man
des Lachens von Kindern. In der Tat war dies der Punkt, wo ich mir eingestehen
musste, doch ein ernsteres Problem zu haben, das zu lösen, ich allein nicht
mehr in der Lage war. Das war nach einer der ersten Sitzungen, ich, da noch der
attestiert „wirre Professor“, schnellen Schrittes auf dem Heimweg eines
eigentlich als schön zu empfindenden Morgens im Winter zu Anfang des
vergangenen Jahres, wurde zwischen den dahinschnellenden Eindrücken, die ein
Feld von Passanten da noch für mich darstellte, auf einmal des Gesichts eines
entgegenkommenden Kindes gewahr: Es schnitt mir eine entsetzliche Fratze. Ich
ging noch ein, zwei Schritte vorüber, blickte mich ungläubig um, starrte diesem
kleinen frechen Monster Äonensekunden hinterher. Dann dämmerte es. Ich brauchte
wirklich eine Weile, um zu realisieren, dass dieses kleine Mädchen mit
Migrationsvordergrund mich in Tat und Wahrheit einfach nur angelächelt hatte.
Vielleicht, weil es meine Unruhe gespürt hatte, die Nervosität, mein
Unwohlsein, das Unbehagen in der Öffentlichkeit. Ein freundliches Lächeln eines
Schulkindes hatte mich komplett aus der Fassung gebracht. Später, in der
Klinik, habe ich Menschen kennen gelernt, die dies noch ausgeprägter erlitten:
Die permanent argwöhnten, Passanten redeten über sie, wollten ihnen gar Böses, was
mitunter in äußerst aggressives Verhalten auf ihrer Gegenseite führte. Dabei
handelte es sich bei diesen zumeist um in ihrem Kern sehr friedfertige und
liebenswerte Menschen. Ich für mich neige da wohl eher zu passiver
Aggressivität – ein Vermeiden, Abblocken von Kontakten: Ich mache sehr gut zu.
Zumal ich sehr gut bin (oder es zumindest es war), diese soziophoben
Anwallungen durch kalte Rationalität zu übertünchen.
Andererseits gibt es
eben auch Zeitgenossen, die einen in einer Lage wie dieser noch mehr zusetzen,
als es sein müsste. Wo einer wie wir, sich dann still fragt, „Was soll das?“
Etwa, wenn einer dieser wildfremden Witzbolde den Macker vor seiner Freundin
machen will: Und dann glaubt, einem im Vorübergehen ein „Lach doch mal!“
aus dem Blauen an den Kopf knallen zu müssen. Hey, dieser aschfahle
Gesichtsausdruck signalisiert die (wenn auch bedrückende) Normalitätmeinerselbst. Hüpfe ich wie ein Rumpelstilzchen durch die Innenstadt und
schreie „Grinst doch nicht so unverhohlen, ihr verdammten Heuchler!“ Nein.
Natürlich nicht. Das wäre unhöflich. Und nicht sonderlich hilfreich. Zumal ein
paar von diesen ja vielleicht, unter Umständen, auch wenn es unwahrscheinlich
ist und ja nicht auszudenken wäre, wirklich glücklich sein könnten. Wobei ich
zugeben muss, auch jetzt, nach der Therapie, bedeutet es für mich immer noch
keine geringe Anstrengung und Besinnung, mich einem unverkrampften,
freundlichen Gesichtsausdrucks Wildfremden gegenüber zuzuwenden. Es ist eben
ein weiteres Symptom eines depressivem Lebensgefühls, nicht jasagend und
dauergrinsend der Dinge zu harren.
Aber anderseits gibt
es auch dieses widersprüchliche Verhalten der Anderen, jene kontraintuitiven
intersubjektiven Barrieren, an denen dann Menschen wie ich anfangen, zuerst
schier an sich selbst zu zweifeln. Neben jenen ungebetenen
Straßengastkommentatoren gibt es immer wieder Situationen, in denen es schwer
fällt nachzuvollziehen, warum ein konkretes Gegenüber so handelt, wie es es nun
einmal tut. Oft kollidiert dieses für uns widersprüchliche Verhalten auch mit
den überhöhten moralischen Anschauungen, die, ich tue dies auch, wir an uns und
andere stellen. Und sind dann umso enttäuschter, werden diese nicht gehalten.
Neulich, hier und nur als Beispiel, glaubte sich etwa eine Nutzerin in meinem
Gästebuch mit dem sehr nützlichen Hinweis, an mir sei aber auch absolut nichts
Interessantes, verewigen zu müssen. Was befremdet: „An mir“?
Wirklich? Was ist denn dann an mir? Wo ist es? Wo ist es? Und: Wie kommt
es dahin? Und: Wie kriegt man es wieder weg? Kann man es sich mit einem
Handstreich einfach so von der Schulter klopfen? Spaß beiseite, aber
bedenke ich, dass in dieser virtuellen Realität nur ein paar meiner Texte
lagern, ein Link zu meinem Blog und kleines Avatarbildchen, das mich
auch wirklich (!) zeigt, verblüfft diese negativ-quantifizierende
Existenzaussage des virtuellen Abbilds einer Person, der ich im „richtigen
Leben“ noch nie in persona gegenüberstand, schon ein klein wenig.
Nun gut, ist es eben keine
meiner Eigenschaften, für offenbar Katzen liebendes und zudem an
intellektueller Hypoglykämie leidendem Irgendwas-mit-Medien-Proletariat
bajuwarischer Provenienz und weiblichen Geschlechts so etwas wie „interessant“
zu sein. Haftet mir das an? Ist das wirklich mein Problem, dass du mich
nicht interessant findest? Interessiert mich dieser Vorwurf, möchte ich das
überhaupt, zumal dies offensichtlich nur eine Retourkutsche, eine Schelte
sein und mich verletzen sollte, nur weil das (von dir) geführte Tumblelog
mich nicht sofort in Entzücken versetzte? Weil mir der Sinn eines bloßen Rebloggens
von Inhalten, meist beschränkt es sich auf Tumblr ja darauf, nicht ganz
klar war? Tumblr-Blogs meist eben nichts anderes als Masturbation auf
den kreativen Output von anderen sind? (Was ja per se nichts
Schlechtes sein muss, ja auch sehr schön sein kann, verstehen wir uns nicht
falsch. Aber sonderlich kreativ ist es eben nicht. Und der Informationsgehalt
reduziert sich eben auf) Ein stetes kleinkindisches „Guck mal da!“-Tippen
oder das digital geradezu überdimensionierte Pendant zu einem simplen „Like“-Button,
den zuvor ein findiger Soziopath namens Zuckerberg bereits erfunden hatte? Tumblr
dabei genauso überflüssig und redundant zu einem Facebook-Account
ist wie Twitter, das schier die Statuszeile von diesem um ein paar
Zeichen verkürzt kopiert und um die
#jedergibtseinenüberflüssigensenfzueinemthemanochdazu-Quängelei ergänzt hat? #dasinteressiertmichzumbeispielauchnichtsonderlich.
Wie auch fluffige Fellknäuel, die mit schöner Regelmäßigkeit ebensolche
hervorwürgen, Ist das nicht putzig!?, und, ich verkneife mir nicht, dies
anzumerken, weil ich auch verletzend sein kann, ein Indiz, nein, geradezu das
Klischee etwas vereinsamter junger Frauen sind, die dann die Fürsorge für ein
ebensolches Nichtnutzvieh mit wirklicher, mit menschlicher Zuneigung
verwechseln.
Apropos, zurück zu
Zweitausendundelf: Ich habe Nähe ausgehalten, bin da gewesen, habe Nähe
geschenkt. Gedanken geteilt, geplaudert, gewütet, geschimpft, gelächelt,
gedrückt, gesprochen, gebrüllt, Türen geknallt, das Sprechen gelernt, das
Glockenspiel und den Gong, das geliebte Tambourine und das, nicht mindere, Wort
ergriffen, es gepflegt, Offenheit ge- & versucht, Hilfe angeboten, Zeit
geteilt, Disziplinarmaßnahmen gefürchtet, fern und in die Zukunft gesehen,
Ziegenschlachtungen beigewohnt und King Kong vs. Naomi Watts, Stricken
gelernt und aufzumaschen, alles wieder aufgetrennt, & von vorn angefangen,
und es mal wieder gründlich verkackt: Ich bin noch immer nicht sonderlich gut
darin, Menschen zu halten. Und ein wahrer Meister, es zu nachhaltig verbocken,
habe ich mir dennoch einmal vorgenommen, dies zu tun. Aber ich habe dem
schönsten Mädchen auf der Welt ebendas gesagt, dass sie schön sei, sie aber
auch was auf im Köpfchen habe, und ihren allzu geringen Selbstwert nicht nur
aus ersterem ziehen solle, habe ein komplett neues Magisterarbeitsthema
beschlossen, den Wal zu Wasser gelassen, den Bären getrotzt, mit ihnen gelacht,
mit den Wölfen und Pinguinen verbündet, den Irbis Raben zerfleischen lassen,
und dann bin ich noch tatsächlich im Zoo gewesen, habe das erste Mal
Winterreifen aufgezogen, mich wieder zum Zahnarzt getraut, der gar nicht
gebohrt, nur über „Putzdefekte“ gemeckert hat, ich habe den „Stresstest“
in allzu überfüllten irischen Pubs getrotzt, um Setlists gebeten &
Konzertplakate gezockt, und spontan aus der Zoohandlung, einem weiteren
Bösenhort, erst ein Chinchilla, den Herren Nepomuk Nilsson, und dann
einen noch namenlosen Bunten Maskenleguan freigeschafft, Briefe gelesen,
Briefe verfasst, dem Blues auf der Ukulele gefrönt, Pablo Neruda-Gedichte
geliebt und die Novellen Stendhals, den Homer und Carson
McCullers traurige Waisen, den Spind ausgeräumt, den der Tagespatienten
bezogen, meine Wohnung entrümpelt und aufgestockt: Ich bin nie hier gewesen,
ich bin schon da.
Dem „Schiffbruch“, dem
Abbruch der Magisterarbeit, dem Nervenzusammenbruch folgte also die Sorge um
sich selbst. Eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe, viel
eher hätte treffen sollen. Andererseits eine große Wahl war das dann auch nicht
mehr. Ich verließ kaum noch das Haus, konnte nur noch unter Alkoholabusus, auch
ein Wort, das ich im vergangenen Jahr gelernt habe, schlafen (ich habe damit
aufgehört, wieder angefangen, wieder aufgehört, wieder angefangen, zuletzt
versucht, ein vernünftiges Maß zu finden und wieder aufgehört und was nicht
noch), hegte absurde Ängste. Die Panik, die gepflegte Depression und den
lethargischen Zynismus. Auch wenn ich skeptisch war, die Gespräche mit meiner
niedergelassenen Psychotherapeutin zu Anfang des Jahres zwar aufschlussreich,
aber eben nicht sonderlich verhaltensverändernd waren. Und ein Krampf. Zuletzt,
nach der Klinik, ich hatte unseren ersten Termin platzen lassen, wofür sie
fleißig Ausfallhonorar ausschrieb, ging es im Prinzip nur noch darum, noch ein
einziges Mal meine Chipkarte für das angebrochene Quartal in ihre gierigen
Finger zu bekommen.
Ich war beinahe
herzlich, als sie diese durchgezogen hatte, mir erklärt hatte – in einem nicht
enden wollenden Schwall rhetorischer Fragen, auf die Antwort zu geben, mir
nicht erlaubt war –, ich sei der unzuverlässigste Mensch auf dem ganzen
Planeten und mich auch sonst runtergeputzt hatte, und mir auf Nachfrage, ob das
nun heißen solle, sie wolle nicht mehr mit mir arbeiten, dann erklärte, ja, sie
wüsste nicht, warum sie, Zitat, sich das nun anstehende Gutachterverfahren „geben“
solle. Vielleicht, weil das ihr Beruf ist, sie Menschen helfen wollten,
meine Unzuverlässigkeit auch Symptom meiner verstörten Psyche ist? Aber wie
gesagt, rhetorisch war auch diese letzte Frage. Eine Antwort gar nicht
gefordert. Ich sagte danke, und war erst danach, im Nachhinein, ein wenig
Stolz, dass das auch hätte schlagfertig klingen können, aber eigentlich war es
einfach als ein solches gemeint, ich dankte ihr, dass sie mir eine Überweisung
in eine stationäre Psychotherapie nahegelegt hatte. Denn ich war irgend auch
froh, dort ihrer Deutungshoheit gegenüber meiner Situation entkommen zu sein
und mich dieser im Konkreten, im Mit-einander-Sein, stellen zu können.
Wäre ich jetzt nicht
ein wenig gefasster, müsste ich bekennen, dass diese Frau mein Vertrauen in ein
Therapeuten-Patienten-Verhältnis doch nachhaltig gestört hat. Den Rat, den ich
aus dieser Erfahrung für euch ableiten kann, den mir aber auch ein Freund
gegeben hat, der mich nebenbei zu der längsten Interpretation einer Camus-Stelle
seit langer Zeit hingerissen hat, wofür ich auch ihm dankbar bin, ist: Sucht
euch als Psychotherapeuten einen Arzt mit entsprechender Zusatzausbildung keine
Diplompsychologen. Ersterer hat wenigstens einen Ethos und er kann die, wir bei
mir etwa, zusätzlich verordneten Medikamente in ihrer Wirkung berücksichtigen.
Ich kannte da weder
das, noch die Unterschiede zwischen tiefenpsychologisch-fundierten Ansätzen,
wie sie sie vertrat, aber auch in der Behandlung in der Klinik zugrunde lag,
oder bloßer Verhaltenstherapie. Ich war blindlings, ohne Erfahrung, aber mit
erheblichen Misstrauen in ihre Praxis gelangt aufgrund einer Empfehlung aus
meinem Bekanntenkreis, von jemanden, der schon mal bei ihr gewesen war, und war
froh nach diversen Anrufen bei anderen Therapeuten und deren Wartelisten,
Aussicht auf Hilfe zu haben. Auch wenn sie mir dann immer nur wieder in immer
blumigeren Metaphern – ich war „der Angsthase“, „das kleine Mädchen
im Wald“, „der verwirrte Professor“ – nur diejenige Lage umriss, die
mir bestens bekannt, aus der ich ja hinaus wollte. Dennoch, die lange Wartezeit
auf einen Platz, das Sich-darauf-eingelassen-Haben, die Aussicht, dann wieder
lange Warten zu müssen, tat zur Genüge, nicht an einen Wechsel zu denken.
Weshalb auch sie zuerst und, wie ich da schon fand, etwas kapitulierend, den
Aufenthalt in einer Klinik erwog.
Wo ich unerwartet
recht schnell einen Therapieplatz bekam. Für welchen ich mich aber erst durch
das Wahnsinns(sic!)argument einer lieben Freundin habe durchringen
können, dies sei ja immerhin auch eine Erfahrung, ob’s was bringe oder nicht,
die der Schreiberling in mir wohl nicht missen sollte. Ich habe auf sie gehört.
Und auf meinen sträflichst vernachlässigten Instinkt. Und wie Recht du doch
hattest, Sue! Weshalb ich auch ein wenig stolz bin, das durchgezogen zu
haben. Trotz der Widerstände und indirekt angetragenen Zweifel von außen.
Ich weiß, ich war
zuweilen nicht nett, sondern ungehalten und grob, als ich mich gegen diese
verwahrte. Oder gegen einen noch so gut gemeinten Rat, der eben anmaßend und
nicht akzeptabel war – gegenüber mir, meiner Wahrnehmung der Dinge, meiner
Situation und den Menschen, die ich eben auch schätze. Entschuldigt.
Aber wenn ich gerade dabei bin, mein Leben wieder in die Hand zu nehmen, waren
diese eben nicht hilfreich, sondern destabilisierend und bevormundend. Und, ja,
auch verletzend. Grenzsetzung als Selbstschutz. Statt zu allem „Ja“ und „Amen“
zu sagen (und dann doch wieder anders zu handeln), spreche ich jetzt aus, wenn
mir etwas zu weit geht und ich versuche zu verhandeln, wenn mir dies möglich
scheint. Aber einige Dinge sind eben nicht verhandelbar. Einen Teil meines
strikten Für-Wider-Denkens, des alternativlosen Entweder/Oder, möchte ich nicht
aufgeben. Ich habe diese Entschlossenheit an mir geschätzt, bei Anderen
vermisst, auch wenn ich sie zuweilen zu wenig artikuliert habe. Zudem habe ich
wohl auch ein Problem damit, Hilfe anzunehmen. In mir überwiegt die Angst, eine
Last sein zu können. Ich traue den Menschen gemeinhin zu wenig zu, als ob sie
nicht „Nein“ sagen könnten, wenn es zu viel wird. Ich weiß nicht, warum
dies so ist. Aber ich messe darum oft mit solch zweierlei Maß und bin dann der,
der eher was aushält, sich zu viel aufhalftert, bin der, der erträgt.
Das weiß ich jetzt zumindest.
Neben solchem Wissen
kann ich auf der Habenseite verbuchen: Ich kann wieder rausgehen, ohne mich
getrieben und beengt zu fühlen. Ich meide zwar noch immer überfrequentierte
Orte. Aber es geht, sich diesen auszusetzen ohne wie ein aufgescheuchtes
Frettchen von A nach B zu hetzen. Ich kann das jetzt. Ich bin noch immer
überrascht, wie verbale und nonverbale Gruppentherapien den Knoten im Kopf
bearbeitet haben. Er ist zwar nicht geplatzt. Aber doch merklich gelöst. Ich
merk‘ das nach und nach, ein Weihnachtsmarktbesuch, das Gedränge mit der
Familie, ist keine Tortur mehr. Spazierengehen ist nicht mehr das hastige
Überwinden von Punkten in der Landschaft, es ist sogar ab und an sehr
schön. Überhaupt diese Situationen, von denen ich früher wusste, also rein
rational, eigentlich ist doch alles gut, eigentlich müsstest du doch
jetzt glücklich sein, dich freuen können. Ich kann das jetzt. Es ist wie
– wie beschreib‘ ich dieses Können? Vielleicht mit einer Lektüreerfahrung,
wirkliches Erfahrungswissen, welches ich jetzt, wo ich nicht mehr
dauerdepressiv vor mich hinsumpfe, habe machen können – zehn Jahre nachdem ich
es als Zivildienstleistender an der Rezeption eines Seniorenheims gelesen habe:
der Sisyphos von Albert Camus... dieser letzte Satz „[…] Wir müssen
uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“, ich habe den
immer als aggressiv empfunden. Ein trotziges, ein abgetrotztes Glück. Dabei ist
es ganz einfach: Jetzt glaube ich, dass es wirklich ein einfach so empfundenes
Glück ist, Leben nicht als ein von stummen Göttern verordnetes zu verstehen,
das zu leben man muss. Ich muss nicht leben, nein, ich kann
es. Das ist die Kunst. So einfach ist es. Ich weiß noch, wie ich vor meiner
ersten Therapeutin saß und der erzählte, das ja alles sinnlos sei, weil ja
sowieso alles mit dem Tod ende und ich keinen Sinn darin sehe. Und sie stimmte
mir zu und sagte: „Und? Das verängstigt Sie? Mich verängstigt das nicht.“
Mit einem mildem Lächeln sagte sie das so dahin, und ich konnte sie nicht
verstehen. Jetzt verstehe ich das. Jetzt fühle ich auch, dass ein
Wintertag schön ist, und weiß es nicht nur und bin trotzdem unglücklich,
warum auch immer.
Auch ist es ein
erhebendes, ein zufrieden machendes Gefühl, nach einer weithin schlaflosen
Nacht nicht noch erschöpft und schon wieder dauerdeprimiert aufzuwachen. Ich
weiß nicht, was mehr zu dieser neuen Konstitution beigetragen hat – der Aufenthalt
in einer psychiatrischen Klinik zur stationären Psychotherapie oder die
Medikamente, die ich nun auch seit einem Jahr nehme, oder gerade die
Kombination aus beidem. Aber ich merke, spüre da Veränderung. Eine neue
Zufrieden- und Unaufgeregtheit, eine neue Souveränität, die sich zwar noch zu
jeder Zeit mit Gott und der Welt anlegen kann, aber auch darum weiß,
dass sie es nicht muss. Im Ernst, ich wäre gar bereit für dieses
Quäntchen Lebensqualität, die mir die Kombination aus Therapie und den 10 mg Paroxetin,
einem Wirkstoff aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer,
beschert haben, mich in den Werbevideos der „forschen(den) Pharmaindustrie“
als Quoten-Krüppel vorführen zu lassen. Na ja, wenn ich dazu noch ein Schild
hochhalten darf, dass es außer lustigen blauen Pillen für erektionsgeschwächte
lüsterne Altreichensäcke seit langer Zeit keine Innovationen auf dem
Gesundheits„markt“ gab, der Patentschutz eine weiläufige Behandlung von AIDS,
etwa in Afrika, noch immer mehr als entgegen- und das mit der Krebsheilung ja
auch noch immer und irgend aussteht. Na ja, hinter der nicht mehr alles
verstellenden Angst bin ich wohl noch immer ein recht zorniger, wenn auch nicht
mehr ganz so junger Mann. Aber das ist okay, ich lerne, damit umzugehen,
versuche besonnener, die höchste Tugend, zu werden. „Day after day/ I get angry/ And I will say/ That the day/ Is in my sight/
When I‘ll take a bow/ And say goodnight...“(Violent Femmes, „Add It Up“)
Und vollende mein 30.
Lebensjahr schließlich mit: Noch kein(em) Magister in der Tasche, dafür nun
eine 5.0 in Geschichte auf Papier, über die ich, zugegeben, nach dem ersten
Schreck, sehr gelacht habe. Da ich, trotz ausgiebiger Langzeitstudikarriere,
diversen Fachrichtungs- und einem Studienortwechsel, dieses Fach nun nachweislich
wirklich nie studiert habe. Noch nicht einmal damit geliebäugelt. Also
werde ich dem zuständigen Professor, der dies gegengezeichnet hat, nun eine
Nachricht schreiben, dass dies ein Irrtum sei, dass das aber auch nichts mit
mir und meinem Leben zu tun habe… aber wann bekommt man zu sowas schon
einmal die Gelegenheit, in einer Welt, die einen fast dauernd dazu nötigt, „Kommt
ihr alle, bitte, bitte, mal klar?“ schreien zu wollen, wann hat man schon
mal einen konkreten Adressaten für all den Stumpfsinn? Und kann dies alles
schön deutsch-bürokratisch-korrekt richtig stellen?
Besonnenheit ist die
Tugend, und sollte der Weltuntergang, wie von einer lateinamerikanischen,
längst untergegangenen Zivilisation, und Roland Emmerich anberaumt, doch noch
in der Tat eintreten, ich sehe ihm gelassen entgegen. Vielleicht schreibe ich
davor gar noch die Dystopie, die ich unter oben angeführter Zeile zu schreiben
gedachte, bevor ich aufhörte zu schreiben, und nun wieder angefangen habe. Eine
Standortbeschreibung, in der Norddeutschland – freilich ungerechterweise –
unter Null liegt, da die Polkappen längst geschmolzen sind und die Hitze den
Verbliebenen in einer Art Ökotyrannis nur allzu zu schaffen macht. Vielleicht
schreibe ich ja auch eine Dystopie, in der die Welt komplett vereist ist. Der
diesjährige Winter legt es nah. Vielleicht überlasse ich dies anderen. In jedem
Falle würden meinen Dystopien nun denen Walker Percys ähneln. Der sich leider
für den Katholizismus vereinnahmen lässt. Ich bin noch immer Atheist. Aber ein
verhalten Besonnenerer. Meine Helden würden sich nach Eintritt des
Weltuntergangs, etwa nach dem einer neuen Eiszeit, und nachdem auch sie etwas
enttäuscht festgestellt hätten, dass die für ihren Leguan mitgebrachten
Heimchen, nicht, wie vorgestellt, zirpen, an der Hand fassen, sich fragen „Und?
Was machen wir jetzt?“, und dann erst einmal ganz richtig und der Folge
nach, eine gute Suppe schlürfen gehen.
Und ich? Ich halte es
weiterhin mit Elias Canetti (vgl. „Nachträge aus Hampstead“), der an den
Menschen am meisten ihre Pläne verachtete, und blicke der neuen Eiszeit,
sollte sie kommen oder nicht, gelassen entgegen. Ich weiß nicht, was die
Zukunft bringt. Vielleicht zieht man mich in zehn Jahren als wildverwirrten
Tiermessie aus meiner Wohnung. Lebend kriegt ihr mich hier nicht raus!
Was aber voraussetzen würde, ich müsste noch Gardinenstangen anbringen, damit
die 578 Wellensittiche darauf auch Platz finden. Vielleicht bin ich dann aber
auch längst der weltbeste Bluesspieler auf der Ukulele. Vielleicht macht
es die soziopolitische Situiertheit des gesamten Planeten aber auch notwendig,
sich die zentrale „Feuerbachthese“ zu Herzen und Vorbild zu nehmen. All
das weiß ich nicht. Noch nicht. Aber ich weiß weiter. Und hab‘ ein gutes Gefühl
dabei.
The city’s hard, the city’s fairsucht dich! Sofern du ein talentierterer Grafiker als wir (Dilettanten! Amateure!!!) bist und/ oder schreiben kannst...
The city’s hard, the city’s fairist, war und bleibt auch zukünftig dem Wahnsinn seines alleinigen Autors und Schöpfers vorbehalten. Der hasst Twitter immer noch. Und ab und an auch andere Menschen. Aber hat die DIY-Attitüde nun wohlverstanden und schier schätzen gelernt.
Obwohl wir die »Einsamkeit des Denkens« durchaus auch schätzen, soll The city’s hard, the city’s fairdarum trotzdem kein monologisches Sprechen sein; wir schätzen durchaus auch den (dialektischen) Agon, so denn dieser im Dienste einer Wahrheit steht, die allerdings auch für uns nicht mehr sein kann als ein Aporien freies Wissen. Insofern: Diskussionen sind durchaus erwünscht, solange sie nicht in die Niederungen pseudophilosophischen Blablas abdriften und der Ton dabei gewahrt bleibt, Beschimpfungen sind - gegebenenfalls und berechtigterweise - sofort an mich zu richten; Anregungen, Fragen, Wünsche dito.